Neben dem Training beschäftigte ich mich auch mit der Infrastruktur für Stundenläufe. Da ich dem Ultralauf und hier den 6h-(?? dazu später ;), 12h-, 24h-Läufen sicherlich treu bleiben werde und mich in Vogau Carola zwölf Stunden lang betreuen würde, musste ein Pavillonzelt zum Schutz vor Regen und Sonne her. Ebenso natürlich ein Campingtisch und ein - einer genügt, weil ich soll ja eh laufen - Campingsessel. Letztere zwei haben es leider wegen Lieferschwierigkeiten nicht nach Vogau geschafft, aber wenigstens das Pavillonzelt kam rechtzeitig an. Statt Campingtisch und Sessel wurde dann halt ein wenig improvisiert.
So ausgerüstet ging es Freitag nachmittag ab in die Südsteiermark und gegen 19h landeten wir in Vogau. Meinen Zeltplatz hatte ich bereits vorab auf der Veranstalterseite www.12stundenlauf.at reservieren können - ein ganz tolles Service des Veranstalters. Überhaupt war die gesamte Veranstaltung perfekt und mit viel Liebe organisiert. Alles klappte, alle Helfer waren kompetent und gaben gerne Auskunft, einfach eine perfekte Ultraveranstaltung. So bezogen wir mit unserem Wohnmobil gleich Stellplatz #62 und machten uns auf zur Startnummernabholung. Hier erfuhren wir, dass es sogar auch noch eine Pasta-Party gab, welche im Programm gar nicht extra angeführt war - solche Überraschungen mag ich :D. Also noch ein bisschen Kohlenhydrate tanken, aber nicht zuviel, schließlich wollte ich die 12 Stunden morgen auf der Strecke und nicht am Topf verbringen.
Danach umrundeten Carola und ich einmal die Strecke entlang welcher die einzelnen Läufer und Teams schon teilweise ihre Zelte aufgebaut hatten. Die Strecke selbst ging nach Start & Ziel zunächst 500m ziemlich flach dahin, war dann für 150m ganz leicht ansteigend, dann kamen ca. 500m Strecke zwischen zwei Feldern hindurch, eine leichte Bergabpassage bevor es leicht kurvig zurück zu Start & Ziel ging. Insgesamt sah die Strecke sehr einladend aus, allerdings mit wenig Schattenpotenzial.
Nach der Streckenbesichtigung die Premiere - wir bauten unseren Pavillon auf. Eigentlich ein Faltpavillon, welcher somit einfach von zwei Leuten aufzubauen sein sollte. Dies ist auch tatsächlich der Fall, allerdings geht's zu viert noch leichter und dank der Hilfe unserer Zeltplatznachbarn war der Pavillon innerhalb weniger Minuten aufgestellt. Was unsere Nachbarn bewunderten und sich gleich erkundigten, wo wir den Faltpavillon her hatten, denn sie hatten ca. eine Stunde mit dem Aufbau ihres "Stangenpavillons" gebraucht. Das klappte also schon besser als geplant - würde es morgen beim Laufen auch so sein? Jetzt noch den Pavillon so gut als möglich verankern, denn für den Lauf waren Wetterkapriolen (Hitze, Gewitter, Sturm und Regen) angesagt. Damit waren die Vorarbeiten für heute abgeschlossen. Meine Ernährung für die ersten acht Stunden des Laufs - Buffer sowie Gels von UltraSports - hatte ich bereits angerührt und vorbereitet.
"Kommandostand" |
Bis zum Start noch die letzten Vorbereitungen: Aufbau des improvisierten "Kommandostands" für Carola und letzte Instruktionen für Carola, wann ich welche Verpflegung brauche.
noch ein wenig Sitzen während der Läuferbesprechung |
Nach der Läuferbesprechung sammelten sich dann die Starter des 12-Stundenlaufs sowie der Staffelbewerbe hinter der Startlinie. Ich schaute mir noch die Labestation bei Start & Ziel an. Diese war prall gefüllt mit allerlei Köstlichkeiten: Brot, Semmeln, Nudeln, Kartoffeln, Reis, Suppe, Müsliriegel, Kuchen, Schokolade, Salzgebäck, Nüsse, Gummibärchen & Saurer Sportgummi, Bananen, Äpfel, Orangen sowie Wasser, Mineralwasser, Cola, helles Bier, dunkles Bier, isotonische Getränke, Red Bull. Bier von Murauer ... hmmmmmmmmm herrlich. Schade, dass ich in Vogau ernährungstechnisch Selbstversorger war und wohl außer Soletti, Bananen, Wasser und im Notfall Cola nichts von der Labe nutzen würde. Andererseits habe ich letztes Jahr in Irdning gelernt, dass ein klarer Ernährungsplan neben der anfänglichen Tempoplanung für mich hoffentlich der Erfolgsschlüssel für den Ultralauf ist.
Start |
Ultraläuferbuffet |
© TEAM www.12stundenlauf.at | Kevin Walter |
© TEAM www.12stundenlauf.at | Kevin Walter |
Nach sechs Stunden hatte ich 58.5km zurückgelegt, lag also weiterhin auf Kurs 117km. Und ich fühlte mich gut, eigentlich unbesiegbar für die restlichen sechs Stunden. So erkundigte ich mich bei Carola nach dem Rundenschnitt für ein Ziel von 120km ... und steigerte die nächsten Runden mein Tempo. Ich hatte etwa acht Minuten Rückstand auf die 120km und versuchte nun, diesen Rückstand innerhalb möglichst weniger Runden aufzuholen. Ich erhöhte mein Tempo um etwa 25 Sekunden pro Kilometer. Im Nachhinein: ich hätte 34 Runden Zeit gehabt, den Rückstand aufzuholen, eine Temposteigerung um 9 Sekunden pro Kilometer hätte gereicht. Carola versuchte zwar, mich entsprechend zu bremsen, aber ich war stur :D. Bald musste ich aber erkennen, dass ich wohl übermotiviert war. Das Tempo forderte seinen Tribut. Der Schritt wurde schwerer, auch der Kreislauf zeigte leichte Anzeichen von Schwäche, die Gehpassagen wurden länger, die Knie schmerzten etwas beim Gehen, der Kopf dachte erstmals "und das soll der Körper jetzt noch mehr als vier Stunden aushalten??". Kurz: ich hatte eine Krise. Also Notfallprogramm anwerfen: für den Kreislauf gab's bei der Labe Cola und gegen den süßen Geschmack ein gutes helles Murauer - jeweils nur wenige Schlucke, nicht dass da wer glaubt ich stell mir ein Mass rein (auch wenn ich's gern getan hätte, aber es wäre kontraproduktiv gewesen :D). Zusätzlich noch ein Koffein-Gel und zumindest der Kreislauf erholte sich bald wieder. Mittlerweile stellte sich auch ein leichtes Brennen auf den Fusssohlen ein - ich denke mir nicht viel dabei, ist halt so bei der Belastung und ich ignoriere es einfach. Nach dem Lauf stellte ich fest, dass es sich dabei um ziemlich große Blasen handelt, welche aufgrund der nassen Socken und Schuhe durch das Gewitter entstanden sind. Und wieder habe ich etwas gelernt: beim 24-Stundenlauf nach eventuellem Starkregen Schuhe wechseln. Weil über 12 Stunden geht das wohl gut, über 24 Stunden könnten die Blasen dann echt störend werden.
Der restliche Körper war aber nach neun Stunden wieder einigermaßen beisammen, das kurzfristige Traumziel von 120km war aber natürlich in weiter Ferne. Wobei: eigentlich wollte ich ja eh nur 110km machen und die sollte ich auf jeden Fall schaffen. Aber noch drei Stunden Bewegen war irgendwie keine so tolle Aussicht. Da überrundete mich - glücklicherweise während einer Laufphase von mir - wieder einmal David Lilek und erkundigte sich, wie's mir geht: ich beginne zu jammern ... "naja, schlecht, ich hab's nach 6h30 mit dem Tempo übertrieben und büße jetzt". Seine Antwort: "so lange Du noch laufen kannst, ist es nicht schlimm". Und ja, da hatte er so recht. Ich konnte eigentlich noch locker laufen, das Problem war im Kopf. Also rappelte ich mich wieder auf und war nun auf Kurs, den Lauf mit Anstand zu Ende zu bringen. Zwar nicht übertreiben, damit die Regenerationsphase nach dem Lauf nicht unnötig verlängert wird, aber auch nicht weniger geben.
So drehte ich weiter Runde um Runde, angefeuert von all den mittlerweile lieben Bekannten entlang der Strecke. Und auch Carola spornte mich an. Obwohl mein Tempo die letzten Stunden langsamer wurde, machte ich im Gesamtklassement Platz um Platz gut. So verging auch die neunte Stunde und da waren es plötzlich nur mehr zwei Stunden. Kurzer Klostopp, bei welchem ich allerdings meine Startnummer hängen ließ. Leichte Panik nach 500m, denn ohne Startnummer wird die Runde eigentlich nicht gezählt. Aber umdrehen wäre jetzt auch blöd. Also Runde beenden und bei Start & Ziel meiner Rundenzählerin von meinem Missgeschick berichten. Kein Problem, mittlerweile kannte sie mich ja und wusste wer ich bin. Also nix passiert und wieder was gelernt - am Klo nie die Startnummer vergessen ;).
Wie gesagt standen jetzt noch zwei Stunden am Programm, also praktisch nichts, ein normaler Trainingslauf noch. Auch die Temperaturen wurde wieder kühler, schließlich war es schon 18h abends.
Wind kam wieder auf, der langsam zum Sturm wurde. Zog da wieder Schlechtwetter auf? Carola begann unsere Infrastruktur abzubauen, denn schattig war es mittlerweile, die Sachen waren getrocknet und damit war auch nach dem Lauf weniger zu tun.
Nach 10h30 wieder eine Motivation von David, der mir zu den geschafften 100km gratulierte. Nur noch 1h30. Ich drehte weiter meine Runden. Nach elf Stunden sagte mir Carola, dass ich weiter vorgerückt bin, mittlerweile 9. Gesamt und 3. in der Alterklasse bin und nicht locker lassen soll. Also legte ich noch ein bisschen zu, soweit möglich. Mittlerweile begann es auch wie befürchtet wieder zu regnen. Zunächst leicht, aber stetig zunehmend. Die letzte halbe Stunde "waschelte" es dann so richtig. Aber was soll's, jetzt auch schon egal. Also noch einmal Gas geben, Platz absichern und noch ein paar Meter rausholen.
letzte Runde (© TEAM www.12stundenlauf.at | Kevin Walter) |
Altersklasse M30 - 3. Platz |
Nach der Siegerehrung brachen Carola und ich dann noch gegen 23h im wieder strömenden Regen nach Wien auf, da am nächsten Tag am Vormittag im Donaupark der Eybl Frauenlauf über 3 bzw. 6km stattfand, welchen unser Laufverein mitorganisierte und wir daher mithelfen wollten. So landeten wir dann gegen 2h nachts beim wunderschön beleuchteten Donaupark und übernachteten gleich dort im Wohnmobil. Ein langer, aber für mich sehr erfreulicher Tag fand damit ein schönes Ende.
Fazit: Vogau ist wirklich eine geniale, sehr liebevoll organisierte Veranstaltung, bei der einfach alles passt. Ideal für eine 12-Stundenlaufpremiere. Aber auch jedem, der einmal 6 Stunden ausprobieren möchte oder an einer 12-Stunden-Staffel teilnehmen möchte, kann ich Vogau nur wärmstens empfehlen. Weiters scheinen mir 12-Stunden die "Halbmarathon"-Distanz des Stundenlaufs zu sein. Im Gegensatz zu einem 6-Stundenlauf lang genug für das volle Feeling eines Ultralaufs (inklusive der entsprechenden Krisen), aber nicht so ermüdend wie ein 24-Stundenlauf. Also werden 12-Stunden vielleicht wirklich meine neue Ultra-Lieblingsdistanz für "zwischendurch"? Das wird sich wohl noch weisen. Die Verpflegung für den 24-Stundenlauf sollte ich mit UltraSports Buffer und Gel wirklich gelöst haben: auch nach 12 Stunden hat's mir noch geschmeckt und ich hatte keinerlei Verdauungsprobleme. Energielevel war auch stets perfekt, nie ein Hungergefühl. Jetzt gut regenerieren und dann weiter an der Form feilen.
Nächster Stopp: 7. Juni München, nochmals ein 12-Stundenlauf, dieser dann aber wirklich nur über 110km.
Und hier geht noch der Statistik-Freak :D mit mir durch: nach 2h30 kontinuierlich fast nur mehr Plätze gut gemacht.
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