Mittwoch, 31. Dezember 2014

Sportlicher Rückblick 2014, Ausblick 2015 & Benefizaktion 2015 schon im April 2015!!!

Im Blog hat sich schon lange nichts mehr getan ... Grund genug, mich auch in die Reihe der Jahresrückblicke einzureihen. Wobei - wenn man Wikipedia glaubt (http://de.wikipedia.org/wiki/Silvester) - im Vergleich zum Alter des Universums wohl die Jahreswende erst kürzlich definiert wurde. Wie auch immer, Konvention ist Konvention und einiges zahlenanalytisches mit schönen runden Werten folgt von mir gleich auch noch, also sollte ich mich hier nicht gar so unkonventionell geben.

Aber genug der Schwafelei, ich komme zu meinem sportlichen Rückblick auf das Jahr 2014. Eigentlich sehr verspätet, denn das Laufjahr 2014 endete bereits Anfang Oktober mit dem 6-Stundenlauf in Schwechat. Ein schöner Abschluss, zwar nicht mit ganz so vielen Kilometern wie erhofft, aber immerhin knapp aber doch noch mit einer neuen Bestleistung. Das Highlight bleibt natürlich der 24-Stundenlauf in Irdning, wo ich nach dem 24h-Lauf in Sarvar Ende April nochmals meine Bestleistung verbessern konnte, womit ich mit 185,795km gemäß der Statistik-Seite der DUV (http://statistik.d-u-v.org/) in der Jahresbestenliste 2014 mit Platz 395 knapp aber doch noch zu den Top 400 (100er-Sprünge sind interessante psychologische Marken aufgrund des weit verbreiteten Dezimalsystems *gg*) weltweit gehöre. Achja, erstmals konnte ich mit 5.197 Jahres-Trainingskilometern auch die 5.000er-Marke knacken (gut, dass ich nicht in Meilen protokolliere, da wäre die Zahl niedriger *gg*).

Genug nun von der Statistik, allerdings sind diese Ego-Zahlen doch auch für die Gesellschaft sinnstiftend, da ich gemeinsam mit Euch Lesern dieses Blogs dank Eurer zahlenreichen Unterstützung die durch meine Kilometer ermöglichten Spenden auf über EUR 8.300 (sagte ich etwas von runden Werten?) erhöhen konnte.

Es ist also genug Motivation für 2015 da. Nachdem mein Immunsystem nach dem 6h-Lauf in Schwechat im Oktober etwas w.o. gab und mit einem Ausbruch von Herpes zoster trigeminus rebellierte, läuft das Training seit November wieder nach Plan. Im Oktober war ohnehin eine Pause geplant, mein Körper hätte sich also gar nicht so beschweren müssen ... naja, immerhin besser in der Off-Season krank sein als beim Saisonhöhepunkt.

Apropos Saisonhöhepunkt ... das wird 2015 diesmal Ende April der 24-Stundenlauf in Sarvar sein, dessen Kilometer ich somit auch als Basis für meine Benefizaktion nehmen werde. Für die Benefizaktion plane ich 2015 auch etwas besonderes, nähere Details gibt's dann im Laufe des Jänners. Ich hoffe, alle meine Unterstützer sind auch 2015 dann wieder dabei! Bitte aber notieren, dass die Benefizaktion 2015 bereits im April stattfindet und nicht erst im Juli!

Nachdem's jetzt nur mehr knapp 4 Monate bis Sarvar sind, werden sich auch die Einträge hier im Blog hoffentlich wieder häufen und ich ein wenig über mein Training berichten sowie auch Details zur Benefizaktion - seid gespannt!

Damit allen Lesern ein gutes neues Jahr, viel Glück und vor allem Gesundheit!

Donnerstag, 10. Juli 2014

Kollektive Energie

Wie üblich gibt's vor dem eigentlichen Laufbericht eine Zusammenfassung der letzten Wochen davor, denn auch diese haben entscheidenden Einfluss auf den Lauf selbst.

Die Vorbereitung war - wie schon im Blog ausführlich geschrieben - kurz, aber knackig mit dem 6h-Lauf in Wien Anfang Juni und dem 100km-Lauf ebenfalls in Wien drei Wochen vor Irdning. Dazu noch viele langsame Laufkilometer im 24h-Anfangstempo (danke für die Hinweise dazu an Georg M., das Training war dann gar nicht sooooo fad wie befürchtet ;) ), um die Muskulatur an diese Art der Belastung zu gewöhnen. Die Form baute sich langsam wieder auf, es lief eigentlich ganz gut.

Aufgrund einiger Verzögerungen sind wir dann erst 2.5 Wochen vor dem Irdning-Wochenende in unsere neue Wohnung übersiedelt. Und geschickt wie ich bin, habe ich dabei gleich zu Beginn der Übersiedlungsaktion einen Sessel als Leiter-Ersatz verwendet. Rauf auf den Sessel kam ich ja noch problemlos, nur runter brachte ich dann den Sessel zum Kippen und ein Körper der sich gemäß der Schwerkraft verhält und ein Sessel, der genau das Gegenteil macht, sind keine gute Kombination. Resultat: das Vierkantholz der Rückenlehne bohrte sich in die Rippen. Mir blieb ziemlich die Luft weg. Jedenfalls war's wieder eine Rippenprellung, diesmal wenigstens links und nicht wieder rechts wie letzten November. Und auch gefühlsmäßig etwas weniger schlimm. Schlafen war bis Irdning aber auf der linken Seite nicht möglich, Husten oder Niesen auch nur mit Schmerzen. Mit einem ordentlichen Rippen-Tape versehen, probierte ich dennoch hin und wieder zu laufen. Naja, mit flachstem Schlapfschritt und langsam, möglichst ohne Erschütterungen, ging es mit halbwegs erträglichen Schmerzen. Tief atmen oder länger laufen war aber natürlich nicht drinnen. Teilweise brauchte ich in der Nacht leider auch Voltaren um halbwegs schmerzfrei schlafen zu können.

Ein letzter geplanter langer langsamer Lauf mit ~35-40 Kilometern fiel aus. Und obwohl wir bei der Übersiedlung sehr viel Unterstützung hatten, war es trotzdem anstrengend. Viel Zeit ging fürs Suchen, in welchem Karton jetzt was ist, drauf. Die Nächte waren noch kürzer als normal. Auch die Form fühlte sich nicht mehr ganz so toll an wie noch vor dem 100km-Lauf. Der Peak war wohl beim 100er oder eine Woche danach.

Alles in allem also nicht die optimalsten Voraussetzungen für einen 24-Stundenlauf. Aber unabhängig von der Vorgeschichte hatte ich mir schon zuvor als Zielsetzung gesetzt, keine wirkliche Zielsetzung zu haben. Ich wollte nur "locker" dahinlaufen, dann ergeben sich die Kilometer ohnehin von selbst. Weil wie ich für mich in den bisher sieben 24h-Läufen gelernt habe: erzwingen kann man's eh nicht oder wenn ich es doch versuche, dann kommt noch viel weniger raus, als eigentlich möglich wäre. Und auch auf Hochrechnungen, wie weit ich kommen könnte, wenn ich die nächsten 10 Stunden das aktuelle Tempo halte oder nur mehr gehe oder ähnliche Zahlenspielereien, wollte ich verzichten. Klar, das Betreuer-Team musste schon wissen, in welchem Tempo ich unterwegs bin um mich zu bremsen, aber ich selbst wollte niemals daran denken, ob noch 170, 180, 190 oder was auch immer für Kilometer möglich wären. Einfach immer so gut als möglich laufen wie es der Körper gerade zulässt.

So ging es dann nach Irdning. Die meisten benötigten Sachen hatte ich auch gefunden, das Wohnmobil war jedenfalls voll. Weil eigentlich braucht man ja nicht viel für einen 24-Stundenlauf ;) - nur ich fühle mich nur wohl, wenn ich vom Antarktis bis zum Sahara-Rennen über beliebige Distanzen mit meiner mitgebrachten Ausrüstung alles bestreiten könnte.

Der Veranstalter des Laufs war "neu" bzw. übernahm heuer der ansässige Sportverein "ATV Irdning" zur Gänze die Organisation. Im Vorfeld wurden einige Verbesserungen angekündigt. Ich war also gespannt, wie es heuer so ablaufen würde. Klar war jedenfalls, dass die Strecke kürzer als letztes Jahr sein würde. Statt über 2.200 Meter war die Runde nur mehr 1.217,75 Meter lang und auch ohne dem Mugel, der sich in den letzten Jahren im Laufe der Zeit zum Berg auswuchs. Für die Betreuung natürlich auch viel besser, weil man selbst gehend in relativ kurzer Zeit wieder bei seiner Station ist. Auch für die Stimmung sollte es besser sein, wenn sich die Läufercamps nicht auf 2.2km verteilen sondern alles komprimierter ist.

Der Freitag verlief dann eher mühsam. Letzte Dinge packen, die Fahrt, alles dauerte etwas länger als geplant. Und als ich dann gegen 14h ziemlich hungrig in Irdning ankam, war auch noch mein reservierter Stellplatz durch ein Fahrzeug blockiert. Also vorab nix mit hinstellen, essen, Beine hochlagern. Kurz versuchte ich, den Besitzer des Wagens zu finden, leider erfolglos. Nachdem ich schon recht hungrig war und ich meinen Magen mit ungewöhnlichen Essenszeiten nicht schon am Freitag verwirren wollte, kochte ich also zunächst Tortelloni und hatte mein Mittagessen. Mit einem anschließend geplanten Mittagsschlaf war aber nix, weil ich das Wohnmobil ja noch nicht "stellplatzfertig" machen konnte und mit dem ganzen Zeugs für den 24-Stundenlauf ist kaum Platz drinnen.

Glücklicherweise trieb aber Manfred A. (alias Fredmann), der traditionell für sich eine 4er-Familien-Staffel organisiert hatte und schon einige Tage in Irdning urlaubte, dann doch den Besitzer des Wagens auf. So war dieses Problem erledigt, ich konnte das Wohnmobil stellplatzfertig machen und versuchte, schon das Zelt aufzubauen. Als ich fast fertig war, kam allerdings ziemlicher Wind auf und das Zelt war nur schwer zu bändigen. Also alles wieder abbauen, bevor es beim 24-Stundenlauf morgen kein Zelt gibt. Mit dem Zelt im Wohnmobil war es dann zwar wieder eng, aber jetzt wollte ich mich doch mal ausruhen - da war es aber leider schon spät am Nachmittag.

Carola beim 10er - Meisterfotograf
werde ich keiner mehr, die Belichtung,
mein Feind :D
Carola kam dann abends mit Markus W., dem Organisator der 12er-Staffel des LAC Harlekin, bei der auch Carola einige Runden drehen würde, nach. Nachdem Freitag abend um 19h in Irdning ein offiziell AIMS-vermessener 10km-Lauf stattfand und es vermessene 10km-Straßenläufe in Österreich nicht wirklich so viele passende gibt, hatte sich Carola auch dafür angemeldet. Zeitlich wurde es aufgrund des Verkehrs dann etwas knapp, sodass ich Carola schon vorab die Startnummer abholte, sie dann in Irdning ankam und sich gleich ans Aufwärmen machte. Das Wetter war extrem schwül, selbst ich hatte Kopfweh (und normalerweise habe ich das nie). Entsprechend anstrengend war dann auch der Lauf für Carola und das Ergebnis nicht wirklich wie erwünscht. Hatte sich die Hetzerei leider nicht gelohnt.

Nach dem Lauf gab es dann eine "Runner's Party" - die war aber leider nicht wie in den letzten Jahren für alle Läufer (also auch die Starter im 24h-Lauf am Samstag), sondern nur für die Teilnehmer der Freitag-Bewerbe. Schade, denn so schauten die meisten Samstag-Starter nur kurz zur Startnummernabholung vorbei, aber man traf sich nicht beim gemeinsamen Nudel-Essen.

Nun ja, das war also der Freitag, der meine Stimmung und Zuversicht nicht wirklich verbesserte. Auch beim Abgehen der Strecke kam ich mir ein wenig wie in einem Escherbild vor: zwei relativ (eh nur ca. 2 Höhenmeter!) deutliche Gefällestrecken und der Rest dann langgezogen leicht bergauf zum Ausgleich. Ich hab's umgekehrt lieber. Kurz und knackig bergauf, wo man geht und dann leicht bergab rollen lassen. Und die Strecke praktisch ohne jeglichen Schatten. Und wie ich aus den Vorjahren weiß: in Irdning wird's immer heiß am Sonntag.

Um es vorwegzunehmen: Schatten gab es wirklich fast keinen, aber besser gelaunt war die Strecke dann schon viel besser als in den letzten Jahren und auch extrem flüssig zu laufen. Weder bergab noch bergauf waren in irgendeiner Form Rhythmusbrecher oder unangenehm. Also für die gegebenen Voraussetzungen in Irdning das Optimum!

Der Samstag Vormittag verlief dann sehr entspannt, Zelt aufbauen (heute ohne Wind), noch ein paar Sachen herrichten und ansonsten bis zum Start eigentlich nur herumliegen. Einzige Unterbrechung: um 11h ein Teller Tortelloni. Mit der Bewölkung war es auch nicht so heiß, wenn nur kein Gewitter käme.

Diana, Ruhe vor dem Start
Foto: Diana Wagner
Am späten Vormittag traf dann auch Diana in Irdning ein. Diana kenne ich ursprünglich aus einem Laufforum und sie meldete sich als ich wegen Unterstützung bei der Betreuung in Sarvar anfragte. Für Sarvar hatte Diana zwar keine Zeit, aber sie bot dafür an, mich in Irdning liebend gerne zu betreuen. Super, weil für Irdning war Carola als Betreuerin bis dahin ohnehin noch solo. Und das wäre gar nicht gut gewesen. Weil 24-Stunden MICH (bei anderen geht das, aber ich bin da komplizierter ;) ) alleine betreuen, das schafft Carola nicht bzw. ist dann nachher fertiger als ich als Läufer. Und 2.5 Monate nach dem letzten Lauf in Sarvar war's auch Winfried, der mich mit Carola zuletzt immer betreut hatte, nicht zuzumuten, schon wieder so viel Aufwand zu betreiben.

Diana bekam dann gleich eine Express-Einschulung, wobei Express nicht in der Knappheit der Informationen lag, sondern an meinem Vortragstempo :D. Als ersten Schocker gab's auch sofort die klassischen Martin-Zeit-Weg-Runden-Tabellen in verschiedenster Parametrisierung. Eine Zahlenwüste in 8-Punkt-Schrift (bevor es beim Ausdruck auf 5 Punkt reduziert wird) über 8 A4-Seiten - einzige wesentliche Information, die fehlte (weil mir war's ja eh klar): welche Rundenzeit soll ich denn am Anfang laufen? Achja, stimmt. Auch nicht unwichtig fürs Betreuer-Team. Glücklicherweise machte sich Diana nicht umgehend wieder auf zurück nach Wien, sondern überstand auch die restliche "Einschulung".

Für den Stellplatz hatte ich mir schon im Vorfeld mit Georg M. ausgemacht, diesen gemeinsam zu nutzen. Mit seiner Betreuerin Petra, Carola und Diana wären dass dann im Notfall drei Betreuerinnen für zwei Läufer, das sollte in allen Situationen gut funktionieren. Und im Sog von Georg, einem Anwärter auf eine Meisterschaftsmedaille, hoffte ich auch auf eine gute Leistung meinerseits.

Um 13h15 dann rein ins Laufgewand und ich drehte eine Testrunde sowohl um die Strecke laufend kennenzulernen, als auch um zu sehen, welche Bekannten wo stehen (es gab praktisch keine 50 Meter wo ich nicht jemanden aus der Ultrafamilie kannte) und wie sich das Wetter bekleidungstechnisch anfühlte. Es war mittlerweile doch deutlich wärmer geworden also fiel die Wahl auf meine dünnsten Laufsachen. Wie schon geschrieben fühlte sich die Strecke gut an und auch die Ultrastimmung stellte sich langsam ein.

Auch die Labe versprach deutlich besser zu sein als in den letzten Jahren: geboten wurden Nudeln, Reis, Kaiserschmarrn, Suppe, Kartoffeln, dunkle Schokolade, diverse Nüsse, Iso-Getränke, Cola, Brot, Banane, usw. Achja: und Leberkäs-Semmeln hatten sie auch :O ... an die habe ich dann während des Laufs allerdings nicht mehr gedacht ;)

So ging es dann locker zum Start. Ich war diesmal entspannt wie eigentlich noch nie in Irdning, fast fühlte es sich an wie vor einem Trainingslauf. Naja, vielleicht nicht das Schlechteste, weil im Training bin ich schon hin und wieder besser gelaufen als dann im eigentlichen "Hauptwettkampf".

Start
Foto: Diana Wagner
Erste Runde, noch locker
Foto: Diana Wagner

Pünktlich um 14h machte sich das Läuferfeld auf die Reise. Viele bekannte Gesichter am Start, schließlich war der 24h-Lauf auch gleichzeitig die österreichische Meisterschaft im Ultralauf. Entsprechend stark war auch das Läuferfeld. Ich reihte mich recht weit hinten im Feld ein, nur nicht zu schnell starten. Das Tempo musste ich rein aus den Trainingserkenntnissen wählen, denn Brustgurt zur Pulsüberwachung konnte ich aufgrund der Rippenprellung keinen tragen. Im Zweifelsfall hatte ich mir vorgenommen, noch einen Tick langsamer zu laufen als es sich bereits gut anfühlen würde. Zeitkorridor war 7:18min (=6:00min/km) bis 7:58min/Runde (=6:33min/km). Und das traf ich diesmal extrem gut. Selbst die erste Runde war mit 7:38min wunderbar im Korridor.



Streckenplan
Quelle: 24h-lauf.at
So trabte ich dahin und begrüßte nach und nach die Mitläufer. Mit der neuen Strecke gab es nunmehr auch einen Abschnitt, wo sich die Läufer quasi im "Gegenverkehr" begegneten und nicht nur auf der Runde selbst. So konnte man auch Läufer anfeuern, die 600 Meter vor oder hinter einem lagen.

Nahrungsprotokoll der
ersten 6 Stunden
Nach einer Stunde begann dann schon das Essen. Schließlich war es 15h, meine Tortelloni waren schon 4 Stunden her, also ran an die Labe und eine halbe Banane schnappen. Dazu noch etwas UltraSports Buffer und auch einige Vollkornkekse fanden in der zweiten Stunde den Weg in meinen Magen. Vollkornkekse waren ja DIE Entdeckung für mich in Brugg gewesen - geben ordentlich Kohlenhydrate (immerhin 5g pro Stück), sind praktisch im Handling und brauchen nicht soviel Kauenergie wie Soletti. Und schmecken tun sie mir auch gut ;). In der vierten Stunde gab's dann erstmals eine große Mahlzeit wie mir das von Carola & Diana liebevoll geführte Energieprotokoll nun im Nachhinein verrät: einen vollen Teller mit einer Nudel/Kartoffel/Sugo-Mischung. Hmmmm, schmeckte das gut. Und Energie gab es auch. Alles natürlich gehend auf der Runde verdrückt. Es lief fein dahin, alles spielte sich perfekt ein.

Erste Aufregung dann aber nach etwa 5h30 Laufzeit und 52 absolvierten Kilometern: aufgrund der Rippenprellung war vor Irdning keine wirklich entspannende Rückenmassage mehr möglich. Und mein Rücken (so wie auch die sonstige Muskulatur) ist ohnehin meist recht hart. Dazu noch die unbewusste Schonhaltung durch die Rippenprellung. Ergebnis: die Schulterpartie verkrampfte sich massiv, danach der Brustkorb vorne, der Rücken hinten, was dann bis ins Bein ausstrahlte, und dann begann auch das Hämatom der Rippenprellung sich zu melden und ich hatte bei jedem Laufschritt das Gefühl, als würde mir ein Messer in die Rippen gebohrt werden. Gehen entspannte wenigstens die Muskulatur etwas, aber nur einige Laufschritte und die Verspannung war wieder da. Was jetzt tun? Nach 5h30 aufhören und der ganze Aufwand umsonst? Noch dazu hatte ich wieder viele Freunde und Bekannte als Sponsoren gefunden, die meine Kilometer in Bares für den guten Zweck verwandeln würden. Und schließlich gibt es viele Bedürftige in der Region, die nach Schicksalsschlägen Unterstützung benötigen. Das war übrigens heuer auch sehr nett, dass während der Veranstaltung darauf hingewiesen wurde und auch einiges erzählt wurde, was mit den Hilfsgeldern des 24-Stundenlaufs ganz konkret geleistet werden kann.

Also: ich hatte Schmerzen, konnte nicht mehr laufen - die Beine waren allerdings noch locker wie am Anfang, also es wäre wirklich schade, nur wegen der blöden Rippenprellung aufzugeben. Eine Möglichkeit gegen die Schmerzen: Voltaren. Dieses ist auch erlaubt, also mit Doping im Rahmen der Meisterschaften gibt's kein Problem. Allerdings sehe ich für mich den Einsatz von Medikamenten, welche über kühlende/wärmende Salben hinausgehen, während eines Wettbewerbs sehr kritisch und hatte auch noch nie ähnliches wie Voltaren eingesetzt.

Als Kompromiss beschloss ich nach kurzer Beratung mit Carola, einmalig 50 mg Voltaren zu nehmen. Entweder diese geringe Dosis genügt um die Schmerzen der Rippenprellung in den Griff zu bekommen, und wenn nicht, dann muss ich wirklich aufhören. Zusätzlich schmierte mir Carola Schultern und Brustkorb mit wärmender Salbe ein, um die Verspannungen hoffentlich etwas zu lösen.

Beides begann bald zu wirken, die Rippenprellung war nur mehr ein dumpfer Schmerz und die verspannte Muskulatur wurde überlagert vom Brennen der Wärmesalbe. Carola hatte zwar ohnehin sehr vorsichtig dosiert, aber zusammen mit dem Schweiß brannte die Haut doch ordentlich. Also wieder ein bisschen Abwischen und dann war es gut.

Es läuft ...
Foto: 24h-lauf.at
So konnte ich dann doch wieder das normale Rundentempo aufnehmen. Es lief wieder gut dahin. Laufen, Essen, Laufen, Essen, natürlich auch viel trinken. Penibel achteten Diana & Carola auch darauf, dass ich mindestens auf meinen Liter Flüssigkeit pro Stunde komme. Irgendwann ging auch ein kurzer Regenschauer nieder, aber der dauerte nur zwei Runden, dann war's wieder vorbei. Ab und an auch für zwei bis drei Minuten hinsetzen um die Beine etwas zu entlasten. Aber dann wieder weiter. Runde für Runde.

Nach 7h30 und etwa 69 Kilometern fing der Kreislauf dann etwas an zu schwanken. Hm, liegt's jetzt am Wetter oder ist es vielleicht so wie in Sarvar ein nötiger WC-Besuch? Naja, ist eh Zeit für den Wechsel der Kleidung in Richtung Nachtschicht, also schauen wir, was ein wenig Erholung am Topf bringt. Ja, das tat schon gut. Details erspare ich der werten Leserschaft.

Bei der Gelegenheit schnappte ich mir auch meinen MP3-Player, der mich dann bis zum Ende des Laufs motivieren sollte - und es auch tat, auf eine ganz eigene Art. Aber dazu später.

Nach 9 Stunden waren 80 Kilometer geschafft und es erfolgte auch der Start des 12-Stundenlaufs. Juhu, da liefen auch einige Bekannte mit, allen voran Nici S., der ich versprochen hatte, solange sie läuft, laufe ich auch. Langsam wurde es bei mir doch etwas zäh, im Kopf steckte neben der Rippenprellung auch noch das Schmerzgedächtnis von Sarvar. Ich wusste nur noch zu gut, wie qualvoll dort die letzten Stunden waren und auch die Schmerzen die Tage nach dem Lauf. Irgendwie wollte ich das nicht schon wieder erleben und schaltete entsprechend einen Gang zurück. In dieser Phase kam dann auch Nici weit vorne im Damenfeld des 12ers herangelaufen und ich erinnerte mich an mein Versprechen. Also Tempo aufnehmen, mitlaufen. Und so mit Tratschen ging es gut, der Körper kam wieder ins Laufen, der Kopf akzeptierte, dass es eh locker geht und keine wirklichen Schmerzen da sind.

So ging es eigentlich die ganze Nacht hindurch weiter. In einer Schwächephase traf ich immer wieder auf liebe Bekannte, die mich motivierten, wieder in den Laufschritt zu verfallen und mich so immer wieder ins Laufen brachten. Jedes Mal fragte ich mich, wie denn das ginge, dass ich mich eben noch energielos und leer gefühlt hatte und plötzlich wieder munter dahin hopste. Ich bin normalerweise alles andere als esoterisch veranlagt, aber mir schoss nur eine Erklärung in den Kopf: "kollektive Energie". Und davon war an diesem Wochenende einfach enorm viel da in Irdning - jeder für jeden und alle zusammen für möglichst viele Kilometer in 24 Stunden. Das war unser Motto. Und auch nur so sind glaube ich die Leistungen bei so einem Lauf möglich. Jeder für sich allein könnte das niemals schaffen. Also vielen Dank an alle, dass ihr mich immer wieder aufs Neue motiviert und mit Energie versorgt habt!

Und auch ich versuche, den anderen zu helfen, feuere so oft es geht Staffel- und Einzelläufer an, hoffe, dass es ihnen hilft, aber interessanterweise gibt es auch mir neue Kraft. Auch einige sehr persönliche und nachdenklich machende Gespräche gibt es in diesen 24 Stunden, die ich aber hier verständlicherweise nicht ausbreiten möchte. Jedenfalls absolvierte ich einige Kilometer auch in Gedanken an alle, denen es heute - aus den verschiedensten Gründen - nicht so lief wie erwünscht. Ich hoffe, auch für Euch kommt nach dem Tief bald wieder ein Hoch, und das nicht nur beim Sport!

Dann traf ich auch Sandra W. von Fredmanns Familienstaffel auf einer Runde. Da fragte sie mich, ab wann man den "Ultraläufer" sei. Naja, grundsätzlich ab jeder Distanz länger als Marathon, aber die kürzeste klassische Ultradistanz als Straßenlauf sind 50 Kilometer. Das nahm sie mit den Worten "wenn ich also heute 43 Kilometer laufe, dann bin ich Ultra" zur Kenntnis. Und sie lief dann nicht nur 43 Kilometer, sondern 51.15 Kilometer. Also Sandra, auch hier: herzlichen Glückwunsch, Du bist Ultra!

Irgendwann in der Nacht - ich bin wieder mal etwas schwach - läuft eine Staffelläuferin an mir vorbei, das Tempo wirkt nicht schlecht, also frage ich sie, ob ich mich kurz anhängen darf, um wieder ins Laufen zu kommen. Klar darf ich, Plaudern inklusive. Es ist zwar etwas anstrengend, aber das Tempo geht gerade noch und wird Meter für Meter angenehmer. Dann ist leider ihre Runde vorbei, aber macht nichts, ich laufe alleine weiter. Schließlich habe ich gemerkt, dass es ja wieder leicht geht.

15 Stunden sind vorbei, 124 Kilometer sind geschafft, es wird hell. Das Härteste ist vorbei ... meint man. Aber ich weiß: in Irdning kommt jetzt das Ärgste erst. Denn es wird wohl strahlend sonnig und damit heute noch unsäglich heiß werden. Angst. Körner aufheben dafür. So geht es vorsichtig und dosiert weiter. Ich habe übrigens keine Ahnung, wie weit ich schon gekommen bin (die Kilometerangaben hier im Bericht entnehme ich nun nachträglich dem Pentek-Runden-Protokoll), und somit habe ich auch keine Chance zu rechnen, wie weit ich noch kommen könnte. Es interessiert mich auch nicht. Einfach Runde für Runde, dann passt es schon. Ganz schlecht wird es wohl nicht sein, respektabel sollte das Ergebnis schon sein. Das weiß ich von meiner durchschnittlichen Rundenzeit, die nicht so viel über dem Anfangsrundenzeitenkorridor liegt und der war immerhin auf eine hochgerechnete Leistung von 220-240 Kilometer ausgelegt. Aber ob ich jetzt in Richtung 170, 180, 190, 200 Kilometer unterwegs bin, keine Ahnung, aber mir eben auch wirklich egal.

Morgenstimmung Grimming
Foto: Diana Wagner
So laufe ich in den Vormittag hinein. Und wie erwartet: es wird wärmer und wärmer. Die Sonne brennt ... und als kleiner Vorgriff: sie hinterlässt bei mir auch einen ordentlichen Sonnenbrand. Zwar fragt mich Markus W. ohnehin, ob ich mich eingeschmiert habe, was ich auch bejahe. Ich hab' nämlich extra am Samstag vorm Start eine "Day-Long"-Creme verwendet ... nur dass offenbar für den Marketing-Fritzi, der sich diesen Namen ausgedacht hatte, ein Tag keine 24 Stunden hatte :D. Naja, egal, ich werde es überstehen. Aber jedenfalls nutze ich jede Möglichkeit zur Kühlung, was aber immer nur kurz hilft. Eine komplett durchnässte Laufhose ist innerhalb von 300 Metern wieder staubtrocken. Auch mein Flüssigkeitshaushalt ist etwas durcheinander, ich pinkle nur mehr vor mich hin, schwitze aber kaum mehr. Das macht die Kühlung der Haut natürlich nicht einfacher. In der Situation frage ich auch die erfahrenen Ultraläufer Reini & Regina S., die mich schon seit Stunden auf jeder Runde anfeuern, um Rat. Danke für Eure Unterstützung, es hat mir Sicherheit gegeben, das Richtige zu tun.

5 Stunden vor Schluss wird es langsam richtig zäh. Der Kopf denkt leider kurzzeitig daran, dass er es noch 5 Stunden in der Hitze aushalten muss. Nicht gut, raus aus dem Kopf mit diesen Gedanken. Auch an Energie fehlt es mir etwas, also rein mit Buffer, Gel, Cola und meiner eigenkomponierten Rehydrierungslösung (Zucker, Maltodextrinmischung, Salz und Wasser). Und ja, das wirkt. Nach knapp 20 Stunden drehe ich meine bis dahin schnellste Runde, was zwar von meinen Betreuerinnen zufrieden zur Kenntnis genommen wird, mir aber auch einen Rüffel einbringt, es nicht zu übertreiben. Ja, ihr habt eh recht.

Auch mein MP3-Player findet mehr und mehr Gefallen am Lauf und lässt sich nun ein paar Schmankerln einfallen. So wählt er, kaum dass ich ins Gehen verfalle, "Jump" von Van Halen für mich aus. Na gut, wenn er meint. Springen sagen ja die Schweizer zum Laufen, ich glaube, das meint der MP3-Player jetzt. Also probieren wir's. Irgendwann fluche ich wieder mal über die Sonne und bekomme prompt "Always the Sun" eingespielt. Ich glaube, das Ding hat eine Seele ;) ... und schwarzen Humor :D.

Irgendwann sagt mir Carola auch, dass ich die 190 Kilometer noch schaffen könnte, wenn ich jede Runde unter 9 Minuten absolvieren würde. Hm, meine Liebe, das ist leider unrealistisch, ich bin froh, wenn ich's unter 10 Minuten über die Runde schaffe. Und außerdem: ich laufe ohnehin was geht, also treib' mich nicht so an. Irgendwie bin ich etwas böse auf sie. Aber interessanterweise reagiert der Kopf so darauf: ha, ich zeig' Euch, was ich noch kann. Und so geht's - laut grunzend vor Anstrengung - wieder flotter dahin. Zwar nicht die 9 Minuten, aber immerhin besser als zuvor. Nach 140 Runden will ich es dann doch wissen: wieviele Runden brauche bis zur neuen Bestleistung, wieviele Runden bis 180 Kilometer. Die Antwort: 147 Runden ist Bestleistung, 148 Runden sind 180 Kilometer. Jawohl, noch 8 Runden sind nötig bis zu einer neuen runden Schallmauer und ich habe noch 2h15 Zeit dafür. Meine langsamsten Rundenzeiten (ohne WC-Stopp oder Gewandwechsel) liegen bei knapp unter 15 Minuten. D.h. selbst im Worst-Case schaffe ich 8 Runden in 2 Stunden (wenn mein heißgekochtes Hirn da nicht komplett daneben ist). Juhu, heute sind mir die 180 Kilometer wirklich sicher. Mit diesem Ziel nun vor Augen werde ich doch auch etwas flotter, die knapp 15 Minuten möchte ich nicht ausschöpfen, es ist auch nicht nötig.

Outfit fürs Finish
Foto: Diana Wagner
Für die letzten zwei Stunden will ich es auch luftiger haben, also wechsle ich in mein rotes ärmelloses Shirt, welches nicht nur angenehm zu tragen ist, sondern mir auch positive Energie verleiht. Schließlich habe ich es von Alexandra F. als Dank für ein wenig Unterstützung beim Beginn ihres Läuferlebens geschenkt bekommen. Mittlerweile hat sie auch schon erfolgreich ihren ersten Marathon absolviert. Mit diesem Shirt sollte also gar nix mehr passieren können. Die Farbkombination rotes Shirt mit neongrünen Stutzen verzeiht sie mir hoffentlich :D.

Dass ich mich nun auch immer wieder bei Läufern im Spitzenfeld zurückrunde, gibt mir auch Kraft. Was ist denn heute los, ich bin noch recht locker drauf, die anderen leiden doch recht kräftig. Naja, sie haben auch bereits einige Runden mehr in den Beinen als ich, da kann ich noch leicht locker sein.

Runde 144: noch drei Runden bis zu einem neuen Rekord für mich, noch vier bis 180 Kilometer. Allen treuen Anfeuerern an der Strecke rufe ich das nun mit einem breiten Grinsen zu. Runde 145: zwei bzw. drei Runden noch. Runde 146: eine bzw. zwei Runden noch. Runde 147: neue Bestleistung. 178.9 Kilometer, soweit bin ich noch nie gekommen. Und jetzt hole ich mir in Runde 148 die 180 Kilometer. Jubelnd und fast weinend überquere ich nach 23h21 wieder die Start/Zielmatte. Ich habe tatsächlich 180 Kilometer überschritten. Das hätte ich mir für heute nie ausgerechnet bei der Vorgeschichte zu Irdning und den Schmerzen nach 5h30. Und es sind noch fast 40 Minuten Zeit, d.h. das wird klar über 180 Kilometer. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Ich laufe, was ich kann. Nur die Hitze bremst. Jedes Mal laufen führt zu einem Hitzestau und erfordert wieder etwas Gehen zur Erholung. Aber es geht, das Laufen ist locker. Oft höre ich vom Streckenrand, gar nicht direkt an mich gerichtet, in den letzten Stunden auch, "der läuft noch locker", "das sieht noch locker aus". Das gibt mir natürlich auch Berge. Und auch immer wieder Anerkennung und Gespräche mit den Spitzenläufern. Carola fragte mich auf der Heimfahrt übrigens sehr erstaunt, woher ich denn all die G'schichterln hätte, wann ich das alles mit den Leuten geredet habe. Naja, 24 Stunden sind lang ... aber noch nicht vorbei.

180km sind geschafft, aber weiterhin
volle Konzentration beim Betreuer-Team
Foto: Diana Wagner
Runde 149: jetzt kann ich allen erzählen, dass ich die 180 Kilometer gepackt habe. Und das tue ich auch, egal ob es jemanden interessiert oder nicht ;). Frenetischer Jubel - wie schon viele viele Runden zuvor jedes Mal - beim Haus der Fredmann-Familien-Staffel. Jaaaaa, ich hab's heute drauf. Plötzlich geht alles auch wieder recht leicht. Jetzt nur nicht auf die Energie vergessen, also weiter Cola & UltraSports Gel futtern. Dazu einige Schlucke Rehydrierungslösung. Schmeckt plötzlich auch alles wieder besser als noch vor einiger Zeit. Jaja, der Kopf, das seltsame Ding eines Ultraläufers.

Runde 150: ich treffe die erwähnte Staffelläuferin, die mich in der Nacht wieder ins Laufen gebracht hat. Sie ist auf ihrer letzten Runde. Und diesmal bin ICH in der Lage, SIE zu ziehen. Auf der Runde will sie wissen, wie weit ich denn schon gekommen bin. Auf die Antwort "180 Kilometer" kommt die Frage, wie schlimm die Schmerzen sind. Hm, momentan spüre ich gar keine. Bin einfach voll auf der Euphoriewelle. Ich bedanke mich jedenfalls auch bei ihr, dass sie mir in der Nacht geholfen hat, dann setzt sie zu ihrem Zielsprint an.

Runde 150 ist geschafft, noch 19 Minuten Zeit, die letzte Runde war in 10:37, die Runde davor in 9:26. Also wenn ich jetzt Gas gebe, dann gehen sich noch 2 Runden aus. Und dann ist da ja noch was: in der Schlussrunde wird in Irdning gefeiert, da geht die Post ab. Das will ich mit Carola & Diana genießen können. Also die nächsten zwei Runden noch ein Extraschäuferl nachlegen.

Ich feiere, Carola hetzt
durchs Bierzelt
Foto: Diana Wagner
Runde 151: jetzt feuert mich auch die ganze Staffel der Staffelläuferin von Runde 150 an - Waaaaahnsinn! Na, da zeig' ich Euch gleich, was ich noch kann. 8:39 brauche ich für die Runde, noch 10:20 Zeit bis zum Ende. Das geht sich aus für noch eine Runde und dann Feiern. Carola und Diana machen sich schon bereit fürs Begleiten auf der letzten Runde, doch ich weiß - sage es nur nicht ;) -, das ist noch nicht die letzte Runde. Also Vollgas. Carola ist etwas verblüfft was jetzt los ist, sieht mich nicht beim Zelt, dafür aber Diana noch beim Basislager stehen. Kurze Beratung, dann wird ihr klar, ich bin wohl schon durch und weiter. Also hetzt sie mir hinterher und erreicht mich auch irgendwann auf der Runde. Ich laufe, nein gefühlt fliege ich über die Strecke. Ich muss ja schließlich schnell wieder zurück sein beim Basislager, damit sich wirklich noch ein Abfeiern ausgeht. Mit diesem Gedanken laufe ich meine schnellste Runde in diesen 24 Stunden und bin pünktlich 4 Minuten vor Schluss und nach knapp 185 Kilometer zurück bei Diana & Carola. Und jetzt ist es geschafft, jetzt nur mehr Traben, Gehen und die Stimmung mit Carola & Diana genießen. Und es geht richtig ab. Alle klatschen, feiern, Glückwünsche hier und da, Danksagungen an alle, die 24 Stunden durchgehalten haben an und auf der Strecke. Ja, da ist sie wieder, die kollektive Energie, die die Leistungen dieses Wochenendes möglich gemacht hat. Eine Minute vor Schluss sind wir dann hinten beim Holzlager, hier ist es doch etwas ruhiger. Und plötzlich kenne ich wieder kein Halten mehr. Ich frage Carola & Diana, ob es sie stört, wenn ich doch noch einmal beschleunigen würde, nein, klar darf ich. Und so sprinte ich nochmals mit allem was ich habe los und überhole dabei auch noch knapp um 7 Meter die zweitplatzierte Dame - was mir aber erst nach dem Lauf bewusst wird, da ich keinen Überblick über das Feld hatte. Macht man zwar nicht, aber ist mir leider passiert.

Altersklassensiegerehrung,
fertig samma
Foto: Manfred A. Fredmann
Und so endet dieser Lauf nach 185,795 Kilometern, Platz 9 von 93 Startern und Dritter in der Altersklasse. Platz 7 in der Österreichischen Ultralaufmeisterschaft. Ich bin zufrieden.

Bleibt mir nur mehr, mich bei allen für dieses tolle Wochenende zu bedanken. Allen voran bei Carola, die nicht nur den 24-Stundenlauf als Betreuerin durchstehen musste, sondern auch meine ganze Vorbereitung dafür.
Danke Diana für die tolle Betreuung. Du hast das routiniert und souverän gemeistert, als ob das schon Dein 100. Betreuungseinsatz gewesen wäre.
Danke Georg M. und Petra für die Gesellschaft am Stellplatz, die Unterstützung auf der Strecke und vor allem die Hilfe in der Vorbereitung auf Irdning. Die Tipps haben diese Steigerung im Vergleich zu Sarvar erst ermöglicht.
Danke an Fredmann und seine Familienstaffel für die Mitbenutzung der Infrastruktur und fürs ausdauernde Anfeuern - bei Euch konnte ich ja fast nicht vorbeigehen, sondern ihr habt mich immer zum Laufen gebracht.
Danke an Hans N., der nicht nur tolle Lauffotos macht, sondern mich auch viele Runden motiviert hat.
Danke den Staffeln Kaawum und LAC Harlekin fürs Anfeuern.
Danke Roland K. und Helmut S.: ein tolles Läufer-/Betreuerteam, dass auch immer nette Worte für mich hatte.
Danke Reini & Regina S.: Euer Lächeln, Klatschen und Anfeuern hat mich auch immer wieder aufgerichtet.
Danke Dominik P. & Andreas G.: wie ihr das gemeinsam angegangen seid, dieses Zusammenhalten, das fand ich toll und gab auch mir Kraft.
Danke Ernst B.: Dein unermüdliches Weiterkämpfen trotz Problemen motivierte mich, mich nicht hängen zu lassen, da ich ja keine wirklichen Probleme hatte.
Danke auch den Teams der Lebenshilfe Ennstal, die mich jedes Mal daran erinnerten, worum es bei dem Lauf geht: nämlich all jenen zu helfen, die Hilfe dringend benötigen. Und jede Runde von mir half.
Danke Nici S. für die netten Gespräche und Gratulation zu Deinem erfolgreichen 12-Stundenlauf-Debüt! Danke Rudi fürs Anfeuern!
Danke Franz L., Du wackerer unfreiwilliger Zweier-Staffelläufer - auch Du hast mich immer wieder ins Laufen gebracht und ich hoffe, bei Dir geht's auch bald wieder schmerzfrei dahin.
Danke an alle Fans beim Kreisverkehr, die mich die letzten Stunden antrieben.
Danke an Martin W. und Regina K. - auch Euch zu sehen gab immer wieder Energie.
Danke an die Staffel sponsored by Murauer ... auch wenn ihr kein P&B für mich hattet :D
Danke an Didi K. und Karin H. fürs Anfeuern und Anlächeln - da konnte man gar nicht anders als selbst lachen.
Danke an Heinz-Jürgen R. und Marlene fürs Anfeuern und die immer wieder aufbauenden Worte auf der Strecke, die mir auch immer den Glauben an mich selbst zurückgaben.
Danke Peter W. für die immer wieder persönliche Moderation! Das tat auch sehr gut.
Danke Toni W. für die Organisation - es war endlich wieder ein Fest von Läufern für Läufer mit dem Fokus auf den Sport und den Benefizgedanken.
Und danke einfach allen, die an diesem Wochenende bekannter- oder unbekannterweise in Irdning waren oder virtuell mitgezittert haben - jeder von Euch hat mit der kollektiven Energie einen Teil zu all den tollen Leistungen dieses Wochenendes beigetragen.

Und last but not least DANKE all meinen SPONSOREN, durch deren Hilfe ich nun seit 2010 über EUR 8.300,- für den guten Zweck erlaufen konnte! Ihr seid Spitze und "Martin läuft 24 Stunden" für den guten Zweck wird es weiterhin geben - das hier ist nur das Ende des Berichts.

Ach nein, als Liebhaber von Zahlentabellen - wer das noch nicht mitbekommen hat ;) - hier noch ein paar Statistiken zu meinem Lauf ...


Montag, 16. Juni 2014

Generalprobe

Nur mehr drei Wochen bis Irdning, bald beginnt die Regenerations-/Tapering-Phase um so richtig vor Ausdauer und Kraft in Irdning zu strotzen. Davor aber stand am vergangenen Samstag noch ein Belastungstest für den Körper an - der 100km-Lauf in Wien. Die Strecke nun schon sehr vertraut – es ist die gleiche Runde wie zwei Wochen zuvor beim Sri-Chinmoy 6h-Lauf. Verirren sollte ich mich also nicht :-). Start allerdings um 6h früh ... genau das richtige für mich Morgenmuffel. Um 4h20 läutet der Wecker, ich wälze mich aus dem Bett, frühstücke mehr oder weniger im Halbschlaf, automatisch rein ins Laufgewand und ab in die U-Bahn zum Start. Die Müdigkeit fühlt sich nicht unähnlich jener während eines 24-Stundenlaufs um dieselbe Uhrzeit an – ideale Simulation, nur die Beine sind frischer.

Um 5h30 bin ich beim Startgelände, es wuselt schon. Der 100km-Lauf ist einerseits Bestandteil des österreichischen Ultralauf-Cups, andererseits nutzen ihn auch noch viele zusätzlich als Vorbereitungslauf für Irdning. Entsprechend gut und zahlreich besetzt ist der Lauf, dazu noch viele Staffeln. Bis zum Start bin ich also mit Begrüßen, Tratschen und munter werden beschäftigt. Wobei: so munter brauche ich gar nicht werden, möchte ich den 100er heute doch im 24-Stundenlauf-Anfangstempo bestreiten – also schön gemütlich und laaaaangsam. Die letzten zwei Wochen habe ich viel damit verbracht, ganz gezielt langsamer als sonst zu laufen, um meine Muskulatur an den Ryhthmus und ein anderes Bewegungsmuster zu gewöhnen.

Vor dem Lauf lässt es sich der Kärntner Ultraläufer Dominik nicht nehmen und schnappt sich noch rasch das Moderatoren-Mikro, um in einer kurzen Ansprache das Ultralaufen wieder mal auf den Punkt zu bringen: wir alle laufen gemeinsam für den guten Zweck – heute zugunsten der Schädel-Hirn-Trauma Selbsthilfegruppe. Insgesamt bringt die Veranstaltung übrigens EUR 1.350,- dafür ein. Und wir laufen wirklich gemeinsam: Respekt für und Freude über die Leistung des jeweils anderen, nicht ein Gegeneinander-Laufen sondern gegenseitige Unterstützung stehen im Vordergrund und machen die Leistungen jedes Einzelnen auch überhaupt erst möglich.

Ganz kurz eine kleine Werbeeinschaltung in eigener Benefiz-Aktion: ich suche noch weitere Spender, die meine Laufkilometer in Irdning in Bares für den guten Zweck verwandeln. Näheres unter http://martin24h.awardspace.biz - Danke! Und jetzt weiter im Bericht.

Mit diesen Gedanken fällt auch schon der Startschuss und das Feld setzt sich langsam in Bewegung. Langsam? Nicht wirklich, die fetzen ja alle weg als gäbe es kein morgen ;-) ... ich trotte immer noch etwas verschlafen hinterher (nach 800m bin ich Drittletzter, aber das passt schon so), treffe mein geplantes Tempo von etwa 5:50-6:00min/km ziemlich gut, fast etwas langsamer, aber langsamer ist okay, schneller sollte ich nicht sein. Geplante Zielzeit inklusive Verpflegungs- und sonstiger Pausen: 10h30 für die 100km hatte ich mir vorgenommen.

So geht es die 2.5km-Runde Runde für Runde dahin, die Kilometer purzeln. Es macht richtig Spaß, viele viele bekannte Gesichter an und neben der Strecke – sicherlich 40 bis 50 Freunde & Bekannte sind da und machen mächtig Stimmung. Alle ca. 15 Minuten komme ich an der liebevoll betreuten Labe - auch Futtertrog & Tränke genannt - vorbei. Aber irgendwie will mein Magen trotz Hungers noch nicht so recht und reagiert auf Nahrungsaufnahme von Kohlenhydraten egal ob fest oder flüssig mit Magenzwicken. Nicht so gut, aber es ist ja nur Training.

Nach knapp 3h das erste Low-Light: WC-Stopp ist dringend fällig, Tempo auch entsprechend steigern, damit sich das noch kultiviert und nicht im Gebüsch ausgeht. Der Puls verlässt deutlich die für heute zulässige Zone, aber sollte während der anstehenden Pause wieder sinken. Nur leider sind alle drei WCs belegt, also nächste Runde nächster Versuch. Mit etwas Laktat und außer Atem auf die nächste Runde. Dann klappt es – Erleichterung, wenn auch Durchfall. Wie sich später zeigt, war’s das dann glücklicherweise, aber das Magenzwicken bleibt.

Weiter geht die Reise, der Puls nicht mehr so niedrig wie zuvor, aber das liegt wohl auch an den leicht steigenden Temperaturen. Einige Runden beschäftigt mich dieses Thema, dann beschließe ich: gut, der Puls ist jetzt halt höher, aber das Laufen fühlt sich locker an, der Tempobereich passt auch.

Immer wieder Einzel- und Staffelläufer beim Überrunden oder Überrundet-Werden anzufeuern sorgt für Abwechslung. Nach 57.5km denke ich mir, jö, nur mehr ein Marathon, bald ist es geschafft. Nach 80km: nicht einmal mehr ein Halbmarathon, bald bin ich daheim. Nach 85km wird es leider schlagartig zäh – vor lauter Begeisterung habe ich meinen Energiebedarf unterschätzt und aufs ausreichende Essen vergessen, was sich in einem ordentlichen Energieloch niederschlägt. Nix geht mehr. Naja, stimmt nicht ganz. Gehen geht schon noch. So tanke ich an der Labe ordentlich nach und absolviere die nächsten zwei Runden mehr oder weniger gänzlich gehend. Die Sehnen am rechten Knöchel melden sich leicht – hm, schwere Entscheidung jetzt: wie schlimm sind die Schmerzen, könnte es etwas Nachhaltiges sein? Was könnte das für Irdning bedeuten? Aber so knapp vorm 100er aufhören, auch nicht so prickelnd. Die Beurteilung fällt mir wirklich schwer, also zunächst einmal warten bis die Energie zurückkommt. Das ist dann etwa 20 Minuten nach der Fütterung der Fall und nach 90 Kilometer komme ich somit doch wieder ins Laufen. Nachdem sich der Körper in der Gehphase etwas erholen konnte, probiere ich etwas flotter zu laufen. Das fühlt sich locker an, also die letzten 10 Kilometer noch einen mäßigen Crescendo-Lauf für den Spaßfaktor und als kleiner Trainingsreiz zum Schluss. Funktioniert gut. Die letzten 4 Runden absolviere ich im Schnitt in 6:07min/km, 4:48, 4:43 und die letzte Runde dann in 4:35min/km.

Nach 10:02:42 sind die 100km erledigt. Endlich einen reinen 100er gefinished - bisher schaffte ich 100km nur in 12- oder 24-Stundenläufen, bei einem reinen "Hunderter" war nach maximal 80km Schluss (alles im Blog hier nachzulesen ;-). Über die meiste Zeit heute noch dazu mit einem sehr lockeren Gefühl. Viel Spaß und Abwechslung mit der Ultralauf-Familie gehabt, wieder ein paar neue Ultraläufer kennengelernt. Es gäbe natürlich noch unglaublich viele Details und G’schichterln zu erzählen, aber das muss man einfach selbst erlebt haben, um es zu verstehen. Daher einfach nur kurz: es war ein netter, nein, ein supertoller Samstag ;-)

Die Veranstaltung wie immer von Angelika & Klemens perfekt organisiert, nette Moderation, eine tolle Labe (wenn mein Magen doch nur ein bisschen mehr zugelassen hätte, die Labe wirklich zu genießen, aber nach dem Lauf ging es dann :-D ) und auch die Strecke beginnt mir langsam zu gefallen.

Die Form sollte also passen, mit dem Langsam-Lauf-Tempo hatte ich diesmal auch über die 10 Stunden keine muskulären Probleme und für meine Hirnlosigkeit, den Futterbedarf zu unterschätzen und praktisch aufs Essen zu vergessen (wobei ich sonst verfressen bin wie nur), habe ich in Irdning ja Betreuer mit dabei :-D

Sonntag, 1. Juni 2014

5 Wochen bis Irdning - es geht wieder los

So, schon länger nichts mehr los hier im Blog.

Statt des Kurzvideos, dessen Link im letzten Blog-Eintrag leider nicht mehr funktioniert, gibt es jetzt eine Langfassung - wer Lust auf 1h18 Ultralaufen hat, hier findet sich das Video

https://www.youtube.com/watch?v=6dRDXtAUZn8

Jetzt aber: Was tat sich seit Sárvár? Nun ja, zunächst war Regeneration (=Sportpause) angesagt und dann ging es ab in einen fantastischen dreiwöchigen USA-Urlaub mit Besichtigungen von u.a. Grand Canyon, Antelope Canyon, Arches National Park, Bryce Canyon, Zion National Park, Sequoia National Park. Da waren zwar einige "Laufwanderungen" (d.h. bergab jedenfalls laufen, flach gemütlich im Grundlagentempo oder langsamer, bergauf laufen wo es angenehm ist und ansonsten halt flott wandern) dabei, aber kein wirklich strukturiertes Training - alles auch auf etwa 1.200 bis 2.400 Meter Seehöhe - also fast ein Höhentrainingslager, nur halt ohne richtiges Training. Gerahmt war das Ganze gerade mal von einem richtigen 30km-Lauf (mit einigen Höhenmetern) in einem hügeligen Teil von Los Angeles und einem 31km-Lauf im Hotel-Areal beim Sequoia-National Park auf 2.000 Meter Seehöhe (auch nicht wirklich flach, aber wenigstens Runden zu 2,5 Kilometer - sagte ich schon, dass ich Runden mag :-D).

Alles somit nicht wirklich repräsentativ um herauszufinden, wie der derzeitige Zustand denn so ist und woran bis Irdning noch zu feilen ist. Daher stand heute der 6-Stundenlauf des Sri-Chinmoy-Teams im Wiener Prater (Runde zu 2,5km, aber ohne Höhenmeter) am Programm. Der Jet-Lag-Effekt der Rückkehr seit Donnerstag hat sich noch nicht wirklich verzogen, ich funktioniere derzeit interessanterweise weder nach Pazifik-Zeit noch nach mitteleuropäischer Zeit, sondern nach etwas in Richtung Moskau oder Peking-Zeit :-O. Die letzten drei Nächte vor dem heutigen Lauf waren also alles andere als erholsam. Aber gut, mit dem heutigen Lauf weiß ich dann zumindest, was trotz Müdigkeit und fehlendem Ausdauertraining möglich ist.

Insgeheimer Wunsch waren 70 Kilometer oder mehr - weil da wäre ich dann Nummer 256 in der ewigen österreichischen Bestenliste, in welche man ab 70 Kilometer Aufnahme findet. Und eigentlich ging diese Leistung im Training Richtung Sárvár bereits, warum also nicht auch heute (vielleicht passiert ja ein Wunder)?

3 Stunden und 20 Minuten ging das auch ganz gut so, aber dann war ich ziemlich platt - Wunder passieren doch nicht. Nach bis dahin ~5:00min/km ging (im wahrsten Sinne des Wortes) der Schnitt auf ~6:00min/km (und darüber) für zwei Runden rauf. Immerhin pendelte ich stets zwischem dem zweiten und dritten Gesamtrang, was auch etwas Motivation gab. Aber das wirklich Nette am Rundenlaufen - man ist nicht allein. Und während meiner Gehphasen kam ich dann mit Tino zusammen und wir liefen einige Meter miteinander ... so beim Plaudern wurden die Beine wieder lockerer und ich setzte dann auch ohne Tino das Laufen fort. Danke Tino, dass Du mich wieder ins Laufen gebracht hast! Die 70 Kilometer plus waren leider jedoch dahin, so wechselte ich die Restmotivation halt auf die Platzierung. Der Zweitplatzierte (Didi) - eigentlich leistungsstärker als ich - hatte sich mit einer Wechseltempoeinheit etwas leergelaufen, sodass ich dann trotz Einbruchs Zweiter war - aber immer mit Didi im Nacken. Nach 50 Kilometer stellte sich dann die Frage, ob ich's nicht besser für heute sein lasse. Weil in Hinblick auf Irdning sollte ich mich jedenfalls nicht komplett verausgaben und schon gar keine Überlastung (Sehne o.ä.) riskieren. Da tauchte aber wieder einmal Christian an der Strecke auf und trieb mich weiter - wenn ich so angefeuert werde, dann kann ich ja nicht aufhören. Danke für die Motivation! Also weiter. Irgendwann hatte ich wieder mal eine Gehphase. Da lief Berta auf mich auf und meinte, was denn los sei, ich war doch gerade noch so gut drauf. Also gut, schauen wir, dranhängen. Und so mit den Fersen vor Augen kam ich wieder ins Laufen! Danke! 45 Minuten vor Laufende tauchte dann der Führende (allerdings mit drei Runden Vorsprung = 7,5 Kilometer) bei einer Verpflegungspause vor mir auf ... er hatte sein Distanzziel offenbar bereits erreicht und nützte die restliche Laufzeit nur mehr zum Auslaufen in etwa 4:50min/km. Heute war dieses Tempo leider schon eine Endbeschleunigung für mich. Aber probieren wir's mal, schließlich gab's als Belohnung für das Tempo wieder einen netten Gesprächspartner. Nach einer Runde stoppte Kai leider kurz, aber der Ehrgeiz hatte mich wieder gepackt und so lief ich das Tempo alleine weiter. Schließlich könnte ja auch immerhin Gefahr von hinten drohen und Zweiter würde ich schon gern werden - die Chance hat man mit meinem Leistungsniveau ja nicht häufig.

So ging's in die letzten Runden, knapp 8 Minuten vor Schluss waren dann 67.5 Kilometer absolviert. Mist, das geht sich ums ..... nicht aus mit den 70 Kilometer, aber gut, bei dem Auf und Ab heute immerhin jedenfalls die bisherige Bestleistung (66.9km) verbessert. Letztlich waren es dann nach 6 Stunden 69,282 Kilometer, d.h. mir haben gerade mal 3 Minuten auf die 70 Kilometer gefehlt - ärgerlich, aber Platz zwei und Durchgehalten zu haben stimmen mich doch zufrieden.

Einige nette Ultraläufer (teilweise bisher noch überhaupt unbekannt, teilweise nur virtuell gekannt) endlich persönlich kennengelernt, zahlreiche Anfeuerungen von Freunden entlang der Strecke (ja, am Sonntag läuft und schaut wirklich jeder im Prater vorbei), die Organisation des Laufs durchs Sri Chinmoy Marathon-Team perfekt, die Labe (während und auch nach dem Lauf) ganz toll - es hat wieder Spaß gemacht!

Und mein Zustand dürfte auch nach 5 faulen Wochen nicht unterirdisch sein, sondern eine ganz gute Basis für die nächsten Trainingswochen darstellen.

Ui, das hätte eigentlich nur ein kurzer Blog-Eintrag werden sollen, naja, es hat mir gefallen und Spaß gemacht, da kann man wohl auch mehr Worte dazu verlieren ;-)

Neben dem Pokal gab's auch noch einen netten Geschenkskorb.



Donnerstag, 1. Mai 2014

Das Beste kommt zum Schluss ...

Also dann, auf zum Bericht vom 24-Stundenlauf in Sárvár. Die Vorbereitung zu Sárvár findet sich ohnehin in den vorangegangenen Blog-Einträgen, daher wird das Proömium diesmal nicht zu lange ausfallen, sondern es bald zur Sache gehen (wer's glaubt ist selbst schuld ;-).

Trotz Regenerations- und Tapering-Phase verliefen die letzten Tage unmittelbar vor Sárvár leider nicht so ruhig wie erhofft. Einiger unerwarteter Stress in der Arbeit stand plötzlich noch an, kurzfristig wackelten sogar die zwei nötigen Urlaubstage Donnerstag & Freitag vor dem Lauf. Aber Dank der Unterstützung meiner Arbeitskollegen ließ sich das dann doch noch hinbiegen. Dennoch waren die Tage lang, die Nächte kurz und so richtig ausgeschlafen fühlte ich mich nie. Die Form selbst sollte gefühlsmäßig ähnlich jener vor dem letzten 24-Stundenlauf in Brugg sein. Aber das Wetter könnte mir laut Prognose einen ziemlichen Strich durch die Rechnung machen. Denn es war zunächst 24-Stunden-Dauerregen prognostiziert. Und das bei ungefähr 10 bis maximal 15°C. Alles andere als ideal für so ein Event, meine Zuversicht sank doch deutlich. In Anbetracht dieser Prognose also noch in letzter Sekunde wasserdichte Gore-Übersocken bestellt, um zu retten, was zu retten ist. In den Tagen vor Sárvár besserte sich dann aber die Prognose deutlich: nur mehr Samstag vormittag sollte es kurz leicht regnen, aber ansonsten trocken bleiben. Meine Zuversicht stieg wieder.

Hinsichtlich des Ablaufs der Veranstaltung war ich bestens informiert: die Homepage http://fussunk.gportal.hu/ selbst ist zwar zur Gänze in Ungarisch gehalten, Google-Translate hilft etwas, aber ein paar knifflige Punkte blieben doch offen. Allerdings stellte mir Réka vom Organisationskommittee alle Informationen (und noch einige Antworten auf Fragen meinerseits darüber hinaus) auch auf Englisch zur Verfügung.

Sárvár ist übrigens ein Ort mit ungefähr 15.000 Einwohnern. Die Attraktionen sind vor allem ein Thermalbad sowie eine von nur wenigen ungarischen Wasserburgen. Um genau diese Wasserburg herum wird auch die Strecke führen. Mit einer Länge von 1.030,73 Metern fast ident mit der Strecke in Brugg und somit betreuungstechnisch perfekt, man ist nie zu lange vom Basislager entfernt, selbst schleichend sollte nach spätestens 15 Minuten wieder Betreuung möglich sein. Auf die Strecke selbst hatte ich mich per Google-Street-View ja bereits eingestimmt (http://martin24h.blogspot.com/2014/04/visualisierung-ist-alles.html).

Als Betreuer stellten sich wieder Carola & Winfried zur Verfügung - hoffentlich bringe ich diesmal dann eine auch für die Betreuer zufriedenstellendere Leistung als in Brugg zusammen.

Am Donnerstag wurde also wieder die halbe Wohnung ins Wohnmobil verladen und am Freitag brach ich nach Sárvár auf. Sárvár liegt nur 125km von Wien entfernt, ist somit der geographisch näheste 24-Stundenlauf an dem ich bisher teilgenommen habe. Und wenn alles gut läuft, dann werde ich diesmal deutlich mehr Kilometer laufen als ich Anreisekilometer hatte.

So kam ich dann mittags in Sárvár an und wollte mich zunächst auf den Besucherparkplatz der Wasserburg stellen. Allerdings galt noch bis (vermeintlich) 13 Uhr eine Parkgebühr. Diese war zwar gering, jedoch in HUF-Münzen zu entrichten. Selbige hatte ich aber nicht. Also beschloss ich, noch die paar Minuten bis 13 Uhr die Strecke per Wohnmobil zu besichtigen und mich dann nach 13 Uhr auf den Parkplatz zu stellen. Während ich so um die Strecke kreiste, kam es mir dann: bis 13 Uhr war die Parkzeit für Samstag, aber für Freitag galt die Parkgebühr bis 17 Uhr wie ich dem Parkautomaten entnommen hatte. Hmmm, heute ist ja ... hmm, welcher Tag ist heute? Achja, erst Freitag ... der Verlust von Raum- und Zeitgefühl fing diesmal schon vor dem Start des 24-Stundenlaufs an :-O ... also nix mit Parken am Schlossparkplatz. Aber entlang der Strecke waren ohnehin genug Parkplätze frei. Also dann dort Parken und die mitgebrachten Tortelloni fürs Mittagessen zubereiten.

Nach dem Mittagessen musste ich nun endlich ein bisschen raus an die frische Luft. Hmmmm, so frisch fühlte sich die heute aber überhaupt nicht an. Es war irrsinnig schwül, meine Beine waren schwer, die ganz wenigen Höhenmeter (ca. 1-2 in Summe über die ganze Runde schätze ich) fühlten sich wie unerklimmbare Berge an und auch der teilweise raue Asphalt euphorisierte mich nicht gerade ... das kann ja was werden morgen.

Bei Start/Ziel bauten die Veranstalter schon fleißig ihre Infrastruktur (Zelte, Tonanlage, usw.) auf. Am Ende der "Race Center Area" war dann aber doch noch ein wenig Platz nicht belegt. Hmmm, sollte ich mich da einfach frech mit dem Wohnmobil hinparken? Ideal wäre es ja schon hinsichtlich der Betreuung. Na, ich probiere es einfach. Wenn es nicht passt, wi
rd schon jemand was sagen und mich vertreiben. So verging dann der restliche Nachmittag mit faulem Herumliegen im Wohnmobil. Ich hatte zwar diversen Lesestoff zur Ablenkung mit, konnte mich aber überhaupt nicht konzentrieren. Liegen und Dösen war deutlich angenehmer.

Ungarische Pasta
Kurz nach 18h kam dann auch Carola in Sárvár an und wir machten uns auf zur Startnummernabholung. Die lief sehr ruhig und entspannt ab. Eine Pasta-Party war auch inkludiert, wobei Réka mich schon "vorwarnte", dass es Hungarian-Style sein wird. Also Pasta mit Kartoffeln und scharfem Paprika. Klingt interessant. Der scharfe Paprika war dann gar nicht so prominent, die Pasta schmeckte sogar sehr gut. Um allerdings meinen Magen nicht schon vor dem Lauf zu verwirren (das war bekanntlich schon des öfteren das große Problem), hielt ich mich aber bei der Pasta zurück.

Nach der Pasta-Party rasch zurück ins Wohnmobil, noch die wichtigsten Sachen für morgen herrichten (Startnummer, Gewand) falls es aus irgendeinem Grund stressig werden sollte und dann ab ins Bett, ich werde meinen Schlaf brauchen. Das mit dem Schlaf klappte nur aufgrund der Nervosität leider nicht so ganz. Einerseits beunruhigte mich immer noch, ob wir ohnehin den Parkplatz behalten können oder dann morgen früh noch umparken müssten. Auch das Zelt war noch nicht aufgebaut, sollte aber möglichst gegenüber des Wohnmobils stehen. So schlief ich also recht unruhig und ab 5h30 war's gänzlich aus mit Schlafen. So weckte ich Carola und wir bauten kurz vor 6h das Zelt auf. Danach nochmals hinlegen für 45 Minuten bis 7h30. Mittlerweile erwachte Sárvár und es begann entlang der Strecke zu wuseln. Auch alle anderen Teilnehmer (in Summe ~200 verteilt über 6, 12, 24-Stundenlauf und ein paar wenige 12-Stunden-Vierer-Staffeln) trafen ein.

idealer Zeltplatz
Um kurz nach 8h dann wirklich etwas Stress. Unser Zelt stand auf einem Platz, den der Veranstalter brauchte, wir mussten es verlagern. Glücklicherweise war aber ein anderer Platz freigeworden und wir konnten das Zelt relativ einfach umpositionieren. Glück gehabt. Und eigentlich war dieser "neue" Platz dann ohnehin besser als der ursprüngliche.

Während es übrigens in der Nacht auch noch heftig geregnet hatte, so zeigte sich das Wetter nun von seiner besten Seite. Zwar etwas kühl, aber fürs Laufen ideal und vor allem trocken (und sonnig)! Die Regengefahr schien gebannt zu sein. Etwas unschlüssig war ich nur ob meiner Gewandwahl. Daher einmal eine Aufwärmrunde drehen. Dabei traf ich dann auch Winfried, der nun ebenfalls da war. Beim langsamen Laufen war mir doch etwas kühl, also ein etwas wärmeres Shirt anziehen und auch Start mit Handschuhen. Ich möchte meine Energie ja nicht fürs Warmhalten sondern fürs Fortbewegen nutzen.

Apropos langsam laufen: da hatte ich für diesmal eine neue Strategie geplant. Ich wollte mich am Puls orientieren und diesen möglichst unter 70% HFmax halten. Das hatte in der Vorbereitung bei dem 50-Kilometer-Lauf am Laufband ja ganz gut geklappt - auch wenn ich den nach Tempo und nicht nach Puls steuerte, aber Läufe danach hatten gezeigt, dass das damalige Tempo ziemlich an ~70% HFmax herankommt. Auch der Energiebedarf war bei dem Laufbandlauf recht gering. Sollte diese Strategie nicht klappen, dann könnte ich ja immer noch auf die Brugg-Strategie mit schnellerem Laufen und längeren Gehphasen umsteigen.

Und so war es dann auch schon 10 Uhr, der Startschuss fiel und das Feld setzte sich langsam in Bewegung. Auch ich trottete los. Die erste Runde hatte ich in knapp 6 Minuten erledigt, was einem Schnitt von 5:45min/km entsprach. Der Puls war exakt im geplanten Bereich, Laufen fühlte sich natürlich locker an, aber auch die Strecke war viel angenehmer und leichter als noch gestern beim Spazierengehen.


Impressionen von der Strecke
So ging es also einfach mal dahin, Rhythmus finden, Systeme anlaufen lassen. Runde für Runde absolvieren. Mein Kilometerschnitt pendelte sich so um die 6:00min/km ein. Hatte ich übrigens einmal behauptet, ich könnte nicht langsam laufen? Ich kann es offenbar doch und es fühlte sich auch rund an. Die Stimmung an der Strecke war auch fein, alle paar Meter hatten die Teilnehmer ihre Tische und Campingsessel aufgebaut - es war die klassische Ultralauf-Atmosphäre. Locker, entspannt, freundlich. Nur von den Anfeuerungen und Plaudereien verstand ich leider nichts.

Nach 1h50 begann dann langsam die erste Fütterung. Auch hinsichtlich der Ernährung wollte ich diesmal eher konzentrierter mehr essen (auch mit eventueller Sitzpause) und dazwischen Pause lassen. Dies in der Hoffnung, dass dann mein Magen nicht oder zumindest erst später rebellieren würde. Das klappte auch gut.

Klassisches Ultra-Basislager
Kurz vor der 4-Stundenmarke und nach 39 Kilometern dann die erste Sitzpause - es gab Nudelsuppe. Mmmmmhhhh, die war wirklich gut. Wieder voll mit Energie weiter.

In der Zwischenzeit - genau weiß ich es nicht mehr - waren auch Carolas Eltern zu Besuch gekommen und machten spazierend ihre Kilometer entlang der Strecke - und ich hatte endlich Anfeuerung, die ich verstand :-)

Nach 5h30 - mittlerweile hatte ich etwa 52.5 Kilometer erledigt - die nächste Sitzpause. Diesmal gab es Nudeln. Hm, nun ja, die waren nicht so ganz meines, aber ich bin ja nicht für ein Gourmet-Menü hier, sondern fürs Laufen. Und Energie gaben sie schon. Außerdem war mein Motto ja "Lächeln & Genießen" als Kurzform von "Go 24 hours without complaining (not even once). Then watch how your life starts changing." ... und es gab auch keinen Grund sich zu beschweren, alles lief rund, ich fühlte mich wohl, die Zeit verging wie im Flug, die Runde war jedes Mal auf ihre eigene Art abwechslungsreich. Einfach locker weiter, Spaß haben.

Nach 9h und etwa 85km wird's dann aber erstmals zäh. Energiemäßig fühle ich mich bestens, aber die Oberschenkelmuskulatur vorne ist das langsame Laufen nicht gewöhnt - woher auch? Meine langen Läufe habe ich ja auch fast alle in etwa 5:00-5:15min/km absolviert. Reaktion: die Muskulatur wird steif, jeder Schritt beginnt zu schmerzen. Na toll, habe ich diesmal die richtige Strategie gewählt, aber dafür falsch trainiert? Es scheint so :-(

Egal, das schöne am 24-Stundenlauf ist ja, es gibt auch Wiederauferstehungen, man muss nur geduldig bleiben. Also gebe ich der Muskulatur nach und beginne erstmals mit einer längeren Gehphase. Bisher bin ich bis auf wenige Schritte bei der Verpflegung alles langsam durchgelaufen. Zusätzlich reibt mir Carola die Muskulatur mit wärmender Traumasalbe ein und dann gibt's auch noch Massage mit dem Travel-Stick. All das hilft, die Muskulatur wird langsam wieder weich, das Gehen wird auch flotter, der MP3-Player mit der besten Play-List von Welt - vor Ort bei Start/Ziel wurde lustigerweise fast die gleiche Liste verwendet ;-) - kommt auch zum Einsatz und nach etwa 2.5km Gehen komme ich wieder ins Laufen.

Erste Krise überwunden - jippiiii!

Nach 10h45 knacke ich die 100km und bin voll im Plan Richtung meines Traumziels von 200+ Kilometern. Aber nach 11h geht es wieder los, die Oberschenkelmuskulatur meldet sich leider wieder. Also gleiche Prozedur wie vorhin, Gehen, Massage mit Travel-Stick, Traumasalbe. Und abermals funktioniert es, bald laufe ich wieder.

Nach 12 Stunden bin ich bei 110km. Das sollte eigentlich nach allen 24-Stundenlaufregeln (in der zweiten Hälfte 20 Kilometer weniger als in der ersten) für 200 Kilometer reichen. Wird das heute mein perfekter Tag?

Basislager bei Nacht
Naja, nach 13 Stunden sieht's dann nicht mehr so aus. Es wird nun richtig zäh, Oberschenkelmuskulatur wieder steif und diesmal hilft die Massage leider nicht. Aber egal, flottes Gehen ist möglich und trotz des nunmehr geringeren Tempos mache ich in der Altersklasse weiterhin Plätze gut. Den anderen dürfte es wohl noch schlechter gehen.

Nach 14 Stunden, es ist Mitternacht, beginnt unser Hochzeitstag. Ja, anstatt gemütlich in der Therme zu liegen, "feiern" wir das etwas anders ;-). Leider kann ich Carola aber nur einige wenige Laufschritte meinerseits schenken - an mehr ist derzeit nicht zu denken. Carola orakelt, dass ich noch später deutlich mehr Laufschritte machen werde. Ich glaube nicht wirklich daran, hoffe es aber sehr!


Labestation in der Nacht ...
... immer alles da!


 Langsam wird mir auch kälter und die Müdigkeit setzt mir knapp nach Mitternacht überraschend früh zu - normalerweise beginnt das Müdigkeitstief so richtig erst zwischen 2 und 3 Uhr früh. Ich ziehe immer mehr Gewand an, trage mindestens das Doppelte an mir wie alle anderen Teilnehmer. Seltsam, normalerweise bin ich ja nicht der Frier-Typ. So geht's bergab, ich schleiche immer langsamer um die Strecke. Nach 16 Stunden geht auch für eine Runde der Veranstalter mit mir mit. Ich hoffe nur, es ist ihm fad und nicht, dass ich so kaputt aussehe, dass er mich nicht alleine die Runde drehen lassen will. Jedenfalls möchte er mich aufbauen und redet auf ungarisch auf mich ein. Ich erkläre ihm, dass ich leider des Ungarischen nicht mächtig bin, aber Englisch oder Deutsch wäre gut. Das geht bei ihm leider nicht, aber Russki könnte er. Hm, mit meinen wenigen Slawisch-Kenntnissen bringe ich ein "Nema russki" hervor ... was er natürlich sehr lustig findet, weil ich kann doch eh russki :-) ... Jedenfalls lenkt auch das ab und wieder ist eine Runde geschafft.

Nachtwanderung
Somit bin ich bei 138km und 17 Stunden und plötzlich fängt mein Magen an zu zwicken. Ahja, stimmt. Da war ja bisher noch nix außer Pinkeln. Vielleicht liegt meine Schwäche ja auch daran. Also rein ins Womo, ab auf den Topf. Nachdem mir immer noch etwas kühl ist, tut sich da mal nix. Also Heizung voll aufdrehen, die Nasszelle (ca. 1.5m^2 Grundfläche) erwärmt sich natürlich sofort, der Darm wird lebendig ... das tut gut, weitere Details spare ich mir :-D

Ich fühle mich nun deutlich besser, der Kreislauf ist auch wieder besser drauf, mir ist auch wieder wärmer, ich kann Kleidungsschichten abwerfen. Laufen ist zwar leider weiterhin nicht möglich, aber das Gehen wird wieder deutlich flotter und ich beginne, mit meinem schnellen Gehen auch "Läufer" zu überholen.

Nach 18 Stunden rechne ich überschlagsmäßig: mit diesem Gehtempo wären zumindest noch die 180 Kilometer haarscharf drinnen. Zwar weit weg vom 200-Kilometer-Traumziel, aber 180+ klingt dann schon besser als 170+. Das geht aber nur, wenn ich fürs Essen keine Sitzpausen mehr einlege. Daher sage ich Winfried, dass ich jetzt nur mehr "kompaktes" Essen haben will, also Kekse, Soletti, Gels, Flüssignahrung. Alles, wofür ich nicht viel kauen muss und weiter flott in Bewegung bleiben kann.

Nach 20h und 155 Kilometern ist dann allerdings leider nochmals ein WC-Stopp erforderlich. Eigentlich nicht schlimm, nur mit den dafür nötigen Minuten ist die Chance auf die 180 Kilometer wohl dahin.


Betreuer schafft ...
... wieder einen Kilometer mehr
Jetzt habe ich mein erstes mentales Tief. Ich kann mein "Lächeln & Genießen"-Motto nicht mehr durchhalten, bin nur mehr müde, seeeehr müde, möchte mich hinlegen und aufgeben. Aber Carola redet auf mich ein, treibt mich weiter an. Ich fühle mich aber nur mehr wie ein Tier, das weiter gepeitscht wird. Ich beschwere mich, dass das menschenunwürdig ist. Carola stimmt mir zu, sagt mir aber auch, dass sie mich weitertreibt und hart bleibt, weil sie genau weiß, dass ich nachher dankbar dafür sein werde und mich ärgern würde, wenn ich jetzt aufhören würde. Ich glaube ihr nicht (auch wenn sie in allen Details zu 100% Recht hatte ... aber ich will nicht vorgreifen ;-), aber lasse mich weiter treiben. Schlau ist das vielleicht nicht, aber vom Aufhören dürfte ich selbst im tiefsten Inneren nicht ganz überzeugt sein, weil sonst würde ich ja einfach aufhören. Aber all das für eine minimale Verbesserung der bisherigen Bestleistung von 172,396 Kilometern? Weil jetzt ist es schon eine Qual. Meine Füße sind mittlerweile etwas aufgequollen, es fühlt sich an, wie wenn ich kleine Murmeln unter den Fußsohlen hätte, einige Scheuerstellen gibt's auch schon. Aber eigentlich ist mein Zustand nachträglich betrachtet gar nicht so schlecht - aber in dem Moment realisiere ich das leider nicht.

Nach 22 Stunden "übernimmt" mich wieder Winfried. Noch 7 Runden - also etwa 1h30 - brauche ich, um meine bisherige Bestleistung einzustellen. Wahnsinn, 1h30 soll ich noch so weiter machen? Naja, aber 7 Runden, das ist wenigstens ein Licht am Ende des Tunnels. Dieser Gedanke scheint mir zu helfen, ich texte Winfried massiv zu - ich weiß nicht mehr, was ich da alles gebrabbelt habe, aber es tut gut. Meine Rundenzeiten werden wieder etwas flotter. Carola wird wohl die interne Wette verlieren, bei wem als "Hauptbetreuer" ich jeweils die schnelleren Runden hatte. Das - erinnere ich mich - sage ich auch Winfried. Er meint nur, dass Carola das wohl verschmerzen wird können ;-). Ja, denke ich auch.

Noch 4 Runden bis zu einer neuen Bestleistung. Danach werde ich mich dann hinsetzen und vielleicht noch ein oder zwei Runden als Bonus drehen, aber anstrengen werde ich mich dann sicherlich nicht mehr.

Neue Bestleistung!
Nach 23 Stunden und 24 Minuten habe ich 168 Runden geschafft
und mit 173.2 Kilometer bin ich soweit gekommen wie noch nie innerhalb von 24 Stunden. Carola hat schon den Sessel für mich hergerichtet zum Feiern - zumindest denke ich das.

Hm, nein, jetzt setz' ich mich lieber doch nicht hin sondern mache gleich noch eine weitere Runde, damit die Bestleistung ganz sicherlich passt und nicht durch einen etwaigen Zählfehler oder sonst irgendwie es doch nicht reicht. Gut so, denn Carola sagte mir nachher, dass der Sessel zwar da stand, aber sie alles daran gesetzt hätte, dass ich ihn nicht benutze. Winfried ist aber etwas verblüfft - schließlich redete ich seit 3.5 Stunden nur vom Hinsetzen -, kommt mir noch für eine Runde hinterher und übergibt mich dann wieder für die letzten ca. 20 Minuten an Carola.

Groupies ...
Bei Start/Ziel bildet sich jetzt schon ein Spalier, welches die sich no
ch auf der Strecke befindenen "Helden" feiert. Allzuviele sind es übrigens nicht mehr von den etwa 80 angetretenen Startern beim 24-Stundenlauf, die immer noch ihre Runden drehen. Aber ich gehöre dazu!

Das motiviert und offenbar setzt auch das Erreichen einer neuen Bestleistung nochmals Kräfte frei. Statt 11 bis 12 Minuten schaffe ich die Runde plötzlich wieder unter 10 Minuten. Hm, da geht noch was, etwas Zeit habe ich auch noch. Ich "fliege" gefühlt dahin, überhole mit flottem Gehen auch wieder einige Mitläufer. Ich gehe teilweise so schnell, dass Carola bei der Begleitung ins Traben verfällt.

Nach 170 Runden und 175 Kilometern komme ich zur Hälfte von Runde 171 plötzlich wieder ins Laufen. Ich weiß nicht mehr wie, aber irgendetwas macht klick und ich laufe. Und ich laufe nicht irgendwie, ich laufe in unter 5:00min/km :-O - zumindest fühlt es sich so an. Und die Rundenzeit nach 176 Kilometern bestätigt es dann auch.

Jetzt nicht nachlassen, das macht Spaß, zeig' dem Publikum, was Du noch kannst. Runde 172 (Kilometer 177) laufe ich zur Gänze durch, die Auswertung nachher zeigt mir einen Schnitt von 4:29min/km. Ich realisiere dieses Tempo aber auch auf der Strecke. Warum hat der blöde Kopf die letzten Stunden bloß nicht wollen, offenbar ist ja noch was drinnen im Körper. Ich röhre jetzt vor Anstrengung, aber es geht. Die Blasen an den Füßen schmerzen, aber jetzt auch wurscht. Runde 172 geschafft. Noch knapp 5 Minuten Zeit. Geht sich da noch eine Runde aus? Gas geben, Vollgas geben. Bei der Hälfte der Runde geht mir kurz die Luft aus, einige Gehschritte, der Magen meldet sich, nein, bitte nicht jetzt ins Gebüsch ... Laufen, wenn ich laufe, dann wird der Magen sich beruhigen bzw. lahmgelegt, also wieder antraben, Gas, Vollgas.

30 Sekunden vor Schluss ist auch Runde 173 erledigt - in Schnitt 4:23min/km trotz kurzer Gehphase wird es meine schnellste der letzten 24 Stunden. Jetzt die 30 Sekunden nur mehr austrudeln, nicht zu weit vom Basislager weg den Lauf beenden und dann ertönt schon die Sirene. Geschafft, vorbei.

Nach 178,432 Kilometern sinke ich nun doch endlich in meinen Sessel - und jetzt lässt mich Carola auch :-D. Für die letzten Runden bekomme ich einiges an Gratulationen ... naja, hätte ich meine Kräfte doch etwas gleichmäßiger auf die letzten Stunden aufgeteilt, dann hätte das wohl mehr gebracht.
unmittelbar nach dem Hinsetzen
ein paar Sekunden später eine Art Lächeln


Aber immerhin weiß ich, dass ich es drauf habe, dass wohl nicht mehr viel fehlt, dass es endlich einmal richtig gut klappt. Bis auf 2h30 war es diesmal auch mental schon richtig gut. Der Magen hat keine Probleme gemacht, niedriges gleichmäßiges Tempo dürfte also das richtige für mich sein, ich müsste es nur noch gezielter trainieren. Wer hat also Vorschläge wie ein Tempo von 6:00min/km auch im Training spannend ist?

Alles in allem war das der bisher sicherlich beste 24-Stundenlauf was sowohl meine Leistung betrifft als auch die Veranstaltung selbst. Alle extrem freundlich, hilfsbereit (die Sprachbarriere wurde mit Händen, Füßen und allem was man noch hat überwunden), perfekte Strecke, perfektes Wetter, perfekte Versorgung (vieles von meinen Eigenvorräten habe ich wieder nachhause transportiert): ich kann Sárvár wirklich empfehlen!

Vielen Dank an dieser Stelle an Carola & Winfried, dass ihr euch wieder den Job der 24-Stundenbetreuung angetan habt! Ohne euch wäre ich nie so weit gekommen.

Danke an Réka für die Informationen vor dem Lauf!

Danke an Mirjana & Dieter für den Besuch und die Abwechslung an der Strecke.

Und danke allen für die große Motivation und die vielen Gespräche im Vorfeld des 24-Stundenlaufs!

Köszi, köszi, köszi!
Ausrasten ... viel Bewegen kann ich mich eh nicht mehr

Die Tage danach: bisher war ich noch nach keinem 24-Stundenlauf dann so fertig wie dieses Mal. Mein rechtes Knie war ein paar Tage leicht geschwollen (ich vermute einen gereizten Schleimbeutel), das Immunsystem kannte sich auch nicht ganz aus und reagierte mit kurzzeitigen Fieberschüben und die Müdigkeit trieb mich immer sehr früh ins Bett. Ich hatte mich wohl doch ordentlich angestrengt ;-)

Aber immerhin konnte ich ab Mittwoch mittags schon wieder normal gehen und es kommen auch schon langsam wieder Gedanken an leichtes Traben auf und was ich denn so beim 24-Stundenlauf in Irdning leisten werden könnte. Das wird aber eine andere Geschichte und im Mai wird jetzt weiter regeneriert und ein Leben ohne großes Training genossen.